Irrtümliche beschränkte Betrachtung streng geschützte Arten

Update zur Anleitung des Umweltberichts mit Betrachtung der Umweltziele für Fauna und Flora

Das ist doch nur „intensive Landwirtschaft“ oder „das sind nur ausgeräumte monostrukturelle Felder“ ist ein beliebtes Argument, um den Wert des Bestandes kleinzurechnen und schnöde Eingrünungen überragend werden zu lassen. So geschehen auch im Fall Langwiesen IV / Layher Werk 3.

 

Nichts spricht dagegen, dass an der Agrarwende gearbeitet wird. Sind die Felder aber für künftige Generationen erstmal weg, fallen die Äcker für den Ökolandbau aus. Zudem sind die ausgeräumten Felder, im Juni mit schönem wogenden Getreide oder im April mit gelb blühenden Rapsfeldern bestanden allemal besser als eine weitere Schachtel in der Landschaft. „Ausgeräumte“ Feldflur ist kein Freibrief zur Bebauung.

 

Faunistische Untersuchungen von Agrarland belegen dann aber doch eine belebte Flur, wenn auch nicht so prall wie auf einer Streuobstwiese. So wurden auch auf und um dem geplanten Layhergelände 20 Vogelarten nachgewiesen. Die Bestände von Vögel sind gemäß Bericht zur Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie (Bspl Ausgabe 2012) ein Indikator zur Messung der Artenvielfalt einer Landschaft, mit ihnen leben noch viele weitere Tiere und auch Pflanzen in der Flur. Die Umweltberichte mit Fokussierung der faunistischen Untersuchungen auf Vögel dürfen also nicht darüber hinwegtäuschen, dass es da nicht mehr gäbe. Die anderen Arten in der Flur dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Hasen hoppeln nicht auf Gründächer, viele Käfer und andere Insekten der freien Flur folgen eben nicht ins Gewerbegebiet und aufs Gründach.

Zu diesem Indikator sagt die Nachhaltigkeitsstrategie (Seite 72): „[…] Natur und Landschaft in Deutschland sind durch Jahrhunderte währende Nutzung geprägt. Zur Erhaltung der daraus entstandenen und der natürlichen Vielfalt reicht ein kleinflächiger Schutz von Arten und Lebensräumen nicht aus. Vielmehr sind nachhaltige Formen der Landnutzung in der Gesamtlandschaft, eine Begrenzung von Emissionen und ein schonender Umgang mit Natur erforderlich. [...]“ Und da ist ein Begnügen mit eng begrenzten Ausgleichsmaßnahmen wie Lerchenfenstern ungenügend. Innerhalb weniger Jahrzehnte machen die Zabergäugemeinden mit Langwiesen und weiteren Gebieten für den Größenwahn alles kaputt.

Eine Collage mit der Anleitung zum Umweltbericht und §44 Naturschutzgesetz
Eine Collage mit der Anleitung zum Umweltbericht und §44 Naturschutzgesetz

Soll es Pech für alle Arten sein, die nur besonders geschützt sind und es noch mehr als ein Paar für Arche Noah gibt? Nach Logik der Behörden und Gemeinden im Landkreis Heilbronn erfährt erst besondere Berücksichtigung wer streng geschützt ist oder wenigstens bundesweit gefährdet wie die Feldlerche. Die Feldlerche kann künftig bei Langwiesen nicht mehr frei ein Feld okkupieren, sondern muss in den Bebauungsplan schauen, wo ihr zugewiesender Streifen im Feld ist. Die neue Wohnstätte der Feldlerche wird im konkreten Bspl vorhabez Bplan Langwiesen IV 1,5 km von Langwiesen entfernt, südlich der Straße nach Eibensbach liegen. Das ist zu weit entfernt von der bisherigen Brutstätte in Langwiesen. Richtig gerettet vor Beton kann ein Acker wohl nur, wenn nach akribischer Suche eine streng geschützte Art gefunden wird, die auch endemisch ist und ausschließlich auf diesem Feld vorkommt.

 

In den von der Stange geschriebenen Umweltberichten wird gewöhnlich das Ziel der Biodiversität auf unterstem Niveau verfolgt. Ziel der Planer und Entscheider ist, die Dinge so darzustellen, den Eingriff runter zu rechnen, die Ausgleichsmaßnahmen schön zu rechnen, dass am Ende kein Verbotstatbestand gegen §44 Bundesnaturschutzgesetz vorliegt.

 

Der §44 Bundesnaturschutzgesetz definiert Verbote im Umgang mit besonders und streng geschützten Arten und deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Natürlich enthält er auch Ausnahmen, damit die Verbote nicht greifen.

 

Mit dem Zurückdrängen des Naturschutzes auf §44 kann quasi jeder Acker bebaut werden, wenn dort nicht eine streng geschützte Art gefunden wird, die nur dort leben kann und sonst keine Population außerhalb hat. Matthias Böhringer stellt in den Raum, dass dies nicht akzeptiert werden kann und die Rechtsprechung hier einem Irrtum aufliegt. Die Reduktion auf Vermeidung von Verbotstatbeständen nach §44 Bundesnaturschutzgesetz ist zu wenig. Im Übrigen darf eine Kommune auch der Rechtsprechung voraus gehen.

 

Geht man zurück ins Baugesetzbuch, zur Anlage 1 die als Anleitung zum im §2a BauGB geforderten Umweltbericht dient, so geht dort nicht hervor, dass nur bei streng geschützten/ gefährdeten Arten auf die Population zu achten ist. In 2b) steht

 

Die Beschreibung nach Halbsatz 2 - die Prognose über die Entwicklung des Umweltzustandes – soll ... den auf Ebene der Europäischen Union oder auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene festgelegten Umweltzielen Rechnung tragen.

 

Und diese Ziele müssen bei den dramatischen Zeichen der Zeit mit dem Rückgang der Insekten- und Vogelpopulation besonders beachtet werden (Gewitterwolke zur Artenvielfalt in der Nachhaltigkeitsstrategie). Dazu gehört die Umsetzung der 17 globalen Ziele für Nachhaltigkeit, die 2015 von der UN für den Zeitraum bis 2030 beschlossen wurden. Sie stehen in guter Tradition zur ratifizierten Konvention zur biologischen Vielfalt und Agenda21 von Rio 1992. Die Gesetzgebung ist davon durchdrungen, wird aber so nicht beachtet.