Okt 2018: Der IPCC-Bericht zum 1,5-Grad-Ziel

Wir haben keine 20 Jahre mehr Zeit

Seit der Weltklimakonferenz 2010 in Mexico wurde empfohlen, eine Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf maximal 2 Grad zu begrenzen. 2 Jahre nach der Ratifizierung des Pariser Abkommens im November 2016, beschlossen auf der Weltklimakonferenz Paris 2015 (COP21) wurde nun das Ziel deutlich verschärft: 1,5 Grad gelten jetzt als Limit, denn das 2 Grad Ziel ist zu risikoreich. Der Weltklimarat IPCC, ein ständiger wissenschaftlicher Ausschuss der UN, bekam 2016 von der Weltgemeinschaft mit dem Pariser Abkommen den Auftrag zu prüfen, ob das 1,5-Grad-Ziel denn überhaupt zu halten ist. Der Weltklimarat hat nun im am 8. Oktober 2018 herausgegebenen Bericht festgestellt, JA das geht, jedoch haben die Menschen und ihre Regierungen keine Zeit mehr, noch mal 20 Jahre zu verbummeln und Zugeständnisse an die Wirtschaft oder irgendwelche Mauscheleien mit kaufmännischen Transfers von Emissionen zu machen. Von den 1,5 Grad sind bereits 1,1 Grad erreicht, es bleibt ein Puffer von nur noch 0,4 bis 0,5 Grad. Bei einem weiter so wird die globale Mitteltemperatur bereits in den 2040er Jahren die 1,5 Grad Schwelle erreichen, derzeit steuern wir sogar auf eine 3 bis 4 Grad wärmere Erde zu.

Einen derartigen Temperaturanstieg wie jetzt Richtung 1,5 Grad gab es im gesamten Holozän noch nicht. Mit 405 ppm CO2 ist die Konzentration des Gases in der Atmosphäre so hoch wie seit 3 Millionen Jahren nicht als es viel wärmer war.

Weltklimakonferenz Paris 2015 und Pariser Abkommen 2016

IPCC-Bericht - Global Warming of 1,5 °C

Zusammenfassung der deutschen Teilnehmerin Linda Schneider (Heinrich-Böll-Stiftung) bei den Verhandlungen in Incheon, Korea am 8.10.2018

Wochenzeitung Der Freitag: Planet auf Tauchgang, Hinweis zum IPCC-Bericht 4.10.18

Heilbronner Stimme: Nur schnelles Handeln bremst den Klimawandel, Die Vereinten Nationen fordern Mut zum Umdenken. Schlimmere Katastrophen können noch vermieden werden, heißt es in einem nun vorgestellten Bericht zum Klimawandel. Club-of-Rome-Präsident von Weizsäcker sagt: Wir sind nicht ehrgeizig genug. 9.10.18

ZDF heute: 1,5 Grad Ziel - Für das Weltklima wird es langsam knapp. 8.10.18. Schnelle beispiellose Änderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen sind gefordert. 1,5-Grad-Ziel ist technisch und wirtschaftlich möglich

Physiker Harald Lesch: Nur die Dummen trödeln noch, November 2016 auf der Agrarkonferenz der Grünen im Bundestag zu Klimawandel und Welternährung. Lesch: "Wir sind der Meteoriteneinschlag"

Game over in 10 Jahren: Verbleibendes CO2-Budget 420 Gt Stand 1.1.2018

CO2 reichert sich kumulativ in der Atmosphäre an. Seit der vorindustriellen Zeit betragen die anthropogenen Emissionen dieses Treibhausgases ca. 2200 Gigatonnen (Gt) mit einer Unsicherheit +- 320 Gt. Die Korrelation zur Erderwärmung ist offensichtlich wie nebenstehende Abbildung zeigt.

Die Forscher haben für den IPCC-Bericht 2018 prognostiziert, dass die Menschheit Stand 1.1.2018 nur noch ein CO2-Budget von 420 Gt hatte, um mit einer 67-prozentigen Wahrscheinlichkeit das 1,5 Grad Ziel zu halten. Das zeigt unten stehende Tabelle, auf die auch Greta Thunberg in ihren Reden verweist. Zu finden im IPCC-Bericht auf Seite 108 in Kapitel 2. Die Lage wird dadurch verschärft, dass ca. 100 Gt vom Budget abgezogen werden müssen, da das Feedback des Erdystems auf die Emissionen für weitere Aufheizung sorgen, z.b. mit dem Auftauen der methanhaltigen Permafrostböden.

Wenn die Menschheit beim weiterso jährlich ca  42 Gt in die Luft bläst, ist dieses Budget nach Adam Riese 10 Jahre später, also schon im Jahre 2028 aufgebraucht. Das heißt, dann sind alle Weichen für eine Erwärmung von 1,5 Grad und darüber hinaus gestellt. Wegen des asymmetrischen Verhaltens des Erdsystems auf die CO2-Anreicherung wird diese Aufheizung gegenüber dem vorindustriellen Niveau erst später Ende der 2030er, Anfang der 2040er eintreten. Bleibt die Menschheit weiter dumm und gibt der Wirtschaft, Wachstum von Produktion, Siedlungsflächen und Raubbau Priorität, dann wird die Kurve nicht gebremst, es kommt zum Overshoot.

IPCC Bericht 2018, Kapitel 2, Seite 108
IPCC Bericht 2018, Kapitel 2, Seite 108

CO2 Uhr

Das MCC hat mit der CO2 Uhr veranschaulicht, wieviel CO2 noch in die Athmosphäre abgeben werden darf, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen

MCC: Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH, eine Gründung des Mercator Instituts und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

CO2-Budget und  verbleibenden Zeit des Aufbrauchs zum halten des 1,5 Grad Szenarios Stand 18.6.2020
CO2-Budget und verbleibenden Zeit des Aufbrauchs zum halten des 1,5 Grad Szenarios Stand 18.6.2020

Aus der Zusammenfassung des Umweltrats zum IPCC-Bericht:

Gefährliche Kipppunkte ab 1,5 Grad

Gegenüber heutigen Bedingungen hat eine 1,5 Grad wärmere Erde bereits drastische Folgen, 2 Grad sind katastrophal. Nur mit 66-prozentiger Sicherheit wäre nach wissenschaftlicher Meinung ein um 2 Grad erhitztes Klima noch beherrschbar. Zwischen 1,5 und 2 Grad werden gefährliche Kipppunkte erreicht. Mit deren Effekten kommt es teils zur Beschleunigung des Klimawandels, teils zur irreversiblen Störung der Ökosysteme und Lebensbedingungen: Schmelzen der reflektierenden Polkappen, auftauen der Methan-speichernden Permafrostböden, abschwächen der Nordatlantischen Umwälzpumpe, absterben der Regenwälder und borealen Wälder, insgesamt 16 Elemente gibt es. Es gibt viele komplexe Effekte, so führt der CO2 Anstieg zur Versauerung der Meere, der Temperaturanstieg lässt nicht nur das Eis schmelzen, sondern auch den Wasserkörper ausdehnen. 
Packt die Menschheit den Ehrgeiz, das 1,5 Grad Limit zu halten, werden gegenüber dem 2 Grad-Szenario weniger tiefliegende Gebiete überschwemmt, weniger Äcker versalzen, nicht alle Korallenriffe verschwinden. Auch das Artensterben wird weniger extrem. Die jetzt schon registrierte Dürre im Sommer 2018 und Wetterextreme werden auch bei 1,5 Grad mehr werden als bei den jetzigen 1,1 Grad, bei 2 Grad werden sehr viele Gegenden unfruchtbar werden.

 

Potsdam Institut für Klimafolgenforschung - Kippelemente

Absage an Geoengineering-Technologien

Bei den Pfaden zur Erreichung des Ziels erteilt der Weltklimarat den Geoengineering-Technologien eine Absage (Kapitel 4 des Berichts). Methoden zur Reduzierung der Sonneneinstrahlung sind zu risikoreich (Abkühlung hier, Dürre dort), verringert nicht die für Steinkorallen schädliche CO2-Konzentration, macht eingetretene Kipppunkte nicht rückgängig und macht für alle Ewigkeit abhängig von der Technologie. Gleiches gilt für die Kohlenstoffspeicherung im großen Maßstab. Im Rahmen von Monokulturen haben dies auch negative Auswirkungen auf Energie- und Wasserverbrauch, die Ökosysteme sowie Rechte auf Landnutzung. CO2 kann nicht für alle Ewigkeit in den erforderlichen Mengen gebunkert werden.

 

Gefahren und Risiken des Climate Engineering

Schnapschuss der Temperaturanomalie von Anfang der 1980er Jahre aus Vortrag Harald Lesch (Link oben)

Anstieg des CO2-Anteils in der Luft auf über 400ppm in 2017 aus Vortrag Harald Lesch (Link oben)