Klimaurteil des BVG vom 29.4.2021 stärkt Art 20a GG - Neujustierung in Abwägung Bauleitplanung erforderlich

Auf dieser Seite: Zusammenfassung zur Bedeutung und neuen Gewichtung Art 20a GG * Bundesrichter hätten viel radikaler sein müssen. Risiko 1,5 Grad in 2024 war bewusst. * Details zum Entscheidungstext mit den Leitsätzen des Urteils, Gliederung, Herausragende Zitate aus dem Entscheidungstext * Pressespiegel * Textbausteine für Einwendungen

Manchmal geschehen Wunder, das Bundesverfassungs-gericht entschied am Donnerstag, 29. April 2021 (bzw 24. März 2021, Veröffentlichung  war 29. April 2021)  gegen die Wirtschaftslobby für die Zukunft.
Das Klimaschutzgesetz der großen Koalition unter der Kanzlerin Angela Merkel vom Dezember 2019 (BGBl I S.2513) war nun ein Teilen verfassungswidrig.


Revolutionär ist, das dies u.a. mit dem 1994 eingeführten Artikel 20a GG mit der Verpflichtung zum Schutz der Lebensgrundlagen begründet wird. In unseren Stellungnahmen wird dies immerzu als zu allgemein abgewiegelt, gar belächelt. Mit dem Verweis auf globale Zusammenhänge wird man dann völlig als realitätsfern eingestuft. Manche Gemeinderäte  meinen gar, Deutschland sei nur für 2% der Co2-Emissionen verantwortlich, da müsse man doch erst an die wahren Umweltzerstörer rangehen.

Abgesehen davon, dass bei den 2% nicht die nach Amerika ausgelagerten Ackerflächen für unsere Massentierhaltung, die Fabriken deutscher Konzerne in Asien, die Luft und Seefahrt eingerechnet sind, das BVG sagt nun klipp und klar, dass sich ein Staat (die Bundesrepublik) nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten seiner Verantwortung entziehen könne. Klimaschutz auf die lange Bank schieben ist verfassungswidrig!

 

Im Entscheidungstext des BVG kommen alle  Fakten der vergangenen Jahre zusammen. Der Bericht des IPCC zum wichtigen 1,5 Grad Ziel zum Schutz vor den Kipppunkten, das globale und nationale CO2 Restbudget, Mitverursacher Beton.

Entscheidungstext zum Beschluss 24.3.2021 des Ersten Senats BVG

Pressemitteilung Nr. 31/2021 vom 29.4.2021 (Verfassungsbeschwerden gegen Klimaschutzgesetz teilweise erfolgreich)


Die Bundesregierung hatte zwar mit dem Pariser Abkommen beteuert, dazu beizutragen die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. (Damit der Konkretisierung Art 20aGG entsprochen). Deutschland bliebe dann seit 2018 nur noch ein Restbudget von 7 Gigatonnen Co2. Dem Klimaschutzgesetz liegt aber wohl eine Berechnung für 2 Grad zu Grunde! Über verschiedene Sektoren hinweg, sollten die Treibhausgase bis zum Zieljahr 2030 nur um 55% gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 gesenkt werden. Selbst beim Maßstab 1,75 Grad Erwärmung blieben nach 2030 nur noch ein paar Monate für die Nutzung beim Restbudget für diese Zahl. Minderungsmaßnahmen müssten dann immer dringender und in größeren Sprüngen erfolgen. Deutschland legt es darauf an , das Budget zu überschreiten. Die Aussagen zur Minderung der Emissionen sind daher nicht konkret genug.


Für die Beschwerdeführenden (u.a. angehende Landwirte, Kinder, Jugendliche, Fridays for Future, DUH, aus Deutschland, Bangladesh und Nepal) sagt das BVG, der Schutzauftrag des Art. 20a GG schließt die Notwendigkeit ein, mit den natürlichen Lebensgrundlagen so sorgsam umzugehen und sie der Nachwelt in solchem Zustand zu hinterlassen, dass nachfolgende Generationen diese nicht nur um den Preis radikaler eigener  Enthaltsamkeit weiter bewahren könnten.

Die Beschwerdeführenden stützten die Verfassungsbeschwerde u.a. auf jenen Art. 20a GG. In vier Verfassungsbeschwerden klagten sie an, dass der Gesetzgeber  im Bundesklimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 und mit dem  Unterlassen weiterer Masnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen  keine  ausreichenden Regelungen zur alsbaldigen Reduktion von Treibhausgasen, vor allem von  Kohlendioxid (CO2), unternommen hat. Diese seien aber  erforderlich seien, um die Erwärmung der Erde bei 1,5 °C. Mit der im Klimaschutzgesetz geregelten Reduktion von CO2-Emissionen könne das der Temperaturschwelle von 1,5 °C entsprechende „CO2-Restbudget“ nicht eingehalten werden.

 

Mit diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen auch die bisherigen und künftigen Behandlungen unserer Einwendungen bzgl Klimarelevanz Bau, IPCC-Bericht 2018 zum 1,5 Grad Ziel, ablaufende CO2-Uhr, Verantwortung zur Wachstumsbegrenzung,  Erdgipfel Rio 1992 neu bewertet werden.

Der Entscheidungstext des BVG-Urteils sagt genau wie Einwendungen in dieser Richtung, dass das nationale CO2-Budget zum Einhalten des 1,5 Grad-Ziels in den kommenden 10 Jahren ausgeschöpft wird, Grenzen erreicht werden. Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass sich Deutschland trotz des globalen Charakters des Klimawandels und seinem Anteil von „nur“ 2% an den CO2-Emissionen (Externe deutsche Verursacherquellen nicht mit eingerechnet) nicht mit dem Verweis auf andere Länder aus der Verantwortung herausreden kann. Vielmehr darf Deutschland wegen des international erforderlichen Zusammenwirkens zum Klimaschutz für andere Staaten keine Anreize setzen, dieses Zusammenwirken zu  unterlaufen. „Die Schaffung und der Erhalt von Vertrauen in die Erfüllungsbereitschaft derVertragsstaaten gelten damit als Schlüssel zur Effektivität des internationalen Klimaschutzabkommens.
Das Abkommen setzt gerade darauf, dass die einzelnen Staaten ihren eigenen Beitrag leisten. Verfassungsrechtlich ist dies insofern bedeutsam, als der durch Art. 20a GG gewiesene Weg zu global effektivem Klimaschutz derzeit vor allem über dieses Abkommen führt“
Dies gilt auch heruntergebrochen auf die Kommunen, da auch sie mit „vollziehende Gewalt“ bei der Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen angesprochen sind.


Das BVG fasst den Gesetzgeber bei seiner verfassungsrechtlich angesagten Konkretisierung des Klimaschutzziels, die  Erderwärmung auf möglichst 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.


Randnummer 244 Entscheidung Bundesverfassunggericht
a) Nach der verfassungsrechtlichen Maßgabe, die Erderwärmung bei deutlich unter 2 °C und möglichst 1,5 °C anzuhalten, ist die Menge an CO2-Emissionen, die noch im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot in die Erdatmosphäre gelangen dürfen, begrenzt. Ein auf
Deutschland entfallender Anteil an den verbleibenden Emissionsmöglichkeiten wird nach § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG in Verbindung mit Anlage 2 ungeachtet der genauen Größe des Restbudgets jedenfalls zu einem nicht unerheblichen Teil verbraucht. Nach der Berechnung des
Sachverständigenrats bleibt bei Verfolgung einer Temperaturschwelle von 1,75 °C bei 67%iger Zielerreichungswahrscheinlichkeit nach 2030 allenfalls noch ein minimaler Rest an Emissionsmöglichkeiten, der angesichts des für 2031 noch zu erwartenden Emissionsniveaus kaum für ein weiteres Jahr genügte (oben Rn. 231 ff.). Zur strikten Wahrung des durch Art. 20a GG vorgegebenen Emissionsrahmens waren danach Reduktionsanstrengungen aus heutiger Sicht unzumutbaren Ausmaßes erforderlich, zumal die allgemeine Lebensweise auch im Jahr 2031 noch von hoher CO2-Intensitat geprägt sein dürfte.


Die Planung, Bau und Betrieb von Vorhaben reicht längst  in Jahre, wo nur noch wenig vom CO2- Budget bleibt. Zum damit verbundenen unverantwortlichen und verfassungswidrigen Impact auf den Klimawandel hier die Einflussfaktoren

Der große weiße Elefant: der Bausektor

Nachgefasst: Bundesrichter hätten viel radikaler sein müssen. Risiko 1,5 Grad in 2024 war bewusst.

Nach einem Vortrag eines Richters am Bundesverfassungsgericht in der Karlsruher Lutherkirche mit dem Titel "Der Klimawandel - Gesetze und Gerichte als Game-Changer" am 6.10.2021 kam Zuhörerin Toussaint, Rechtsanwältin zu folgendem drängenden Brief an das Bundesverfassungsgericht, Politik und Medien.

Denn die Bundesrichter hätten im Bewusstsein, dass die 1,5 Grad bereits im Jahr 2024 immer wahrscheinlicher werden, viel radikaler im Entscheid vom 29.4.2021 sein müssen.

Rechtsanwältin Toussaint hat ausdrücklich erlaubt, ihre Stellungnahme überall zu veröffentlichen.

Das BVG beschloss nämlich lediglich, dass der Gesetzgeber die Minderungsziele ab dem Jahr 2031 bis zum 31.12.2022 vor dem Hintergrund der Begründung mit dem knappen Restbudget vorlegen muss. Da aber das erreichen der Erhitzung um 1,5 Grad bereits im Jahr 2024 sehr wahrscheinlich ist, ist das Urteil zu lasch. Es wurden keine unmittelbaren konkreten Maßnahmen von der Merkel-Regierung in 2021 gefordert. Kein Aktionsplan 2021, obwohl jedes zögern die Heftigkeit erforderlicher Maßnahmen erhöht. Dabei gehe das BVG selber davon aus, dass die 1,5 Grad bereits in 2024 erreicht werden.

Auch wurde in den Koalitionsverhandlungen der grün-rot-gelben Ampelregierung mit ihrem Glauben an klimaförderliche Marktkräfte die Stimme des BVG zum Schicksalsjahr 2024 vermisst. Wie könnte sich die Regierung dann noch wegen der Ausblendung realer Risiken legitimieren? Was werden die Menschen machen, wenn Ihnen seit Jahren versprochen wird, man habe alles im Griff, das Zieljahr 2030 als Wegmarke für Reduktionsziele genüge und die Ziele würden die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels ermöglichen?

Um sowohl diesen dramatischen Legitimationsverlust als auch den irreversiblen baldigen Untergang der Menschheit zu vermeiden und vielmehr alles zu versuchen, die drohende Erreichung der 1,5° möglichst lange herauszuschieben, müsste die neue Regierung – diametral entgegen ihrer bisherigen Ausrichtung – alles Erdenkliche an drastischen Klimaschutzmaßnahmen verhandeln, im Koalitionsvertrag beschließen und schnellstmöglich
umsetzen.
Desweiteren ging es auch um die Frage der Einklagbarkeit des Pariser Abkommens auf völkerrechtlicher Ebene. Regierungen, Konzerne und Investoren, die das Paris Abkommen nicht oder unzulänglich umsetzen, verursachen den Untergang der gesamten Menschheit und begehen insofern globalen Völkermord, so dass sie vom Internationalen Strafgerichtshof durch Anklageerhebung ausgebremst werden können.

Details zum Entscheidungstext

Urteil folgt aus Leitsätzen (Auszug, Zusammenfassung):

1) Schutz des Lebens vor körperlicher Unversertheit Art 2 Abs 2 Satz 1 GG

2) Art. 20a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz.

2 c) Mit dem Klimaschutzgebot hat Art 20a GG einer internationale Dimension. Auch wenn ein Staat  (die Bundesrepublik) das globale Problem des Klimawandels nicht alleine lösen kann, steht das nationalen Klimaschutzverpflichtungen nicht entgegen.  Der Staat kann sich seiner Verantwortung nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten entziehen. Das Klimaschutzgebot verlangt also zum einen international ausgerichtetes Handeln und verpflichtet zudem den Staat, im Rahmen internationaler Abstimmung auf den Klimaschutz hinzuwirken.

2d) Das BVG fasst den Gesetzgeber bei seiner verfassungsrechtlich angesagten  Konkretisierung des Klimaschutzziels , die Erderwärmung auf möglichst 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen .

4.) Zur Sicherung der Freiheiten über Generationen sind Freiheitschancen verhältnismäßig zu  verteilen. Der Schutzauftrag des Art. 20a GG schließt die Notwendigkeit ein, mit den natürlichen Lebensgrundlagen so sorgsam umzugehen und sie der Nachwelt in solchem Zustand zu hinterlassen, dass nachfolgende Generationen diese nicht nur um den Preis radikaler eigener
Enthaltsamkeit weiter bewahren könnten.

Urteile über die Verfassungsbeschwerden

  • die Verfassungsbeschwerde 1

gegen 

1. das Unterlassen geeigneter gesetzlicher Vorschriften und Maßnahmen zur Bekämpfung des
Klimawandels durch die Bundesrepublik Deutschland,
2. § 3 Absatz 1, § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 2, § 4 Absatz 6 des Bundes-
Klimaschutzgesetzes (KSG) vom 12. Dezember 2019 (Bundesgesetzblatt I Seite 2513)

  • Verfassungsbeschwerde 2 +3

gegen

 1. § 3 Absatz 1; § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 und Anlage 2, § 4 Absatze 3, 5 und 6,
§ 8 und § 9 des Bundes- Klimaschutzgesetzes (KSG) vom 12. Dezember 2019
(Bundesgesetzblatt I Seite 2513),
2. das andauernde Unterlassen des Bundesgesetzgebers und der Bundesregierung, geeignete
und prognostisch genügende Maßnahmen zur Einhaltung des verbleibenden nationalen und
nach Bevölkerungsanteilen bemessenen CO2-Budgets (3,465 Gigatonnen CO2 ab dem Jahr
2020) zu ergreifen

 

  • Verfassungsbeschwerde 4

gegen

§ 3 Absatz 1, § 4 Absatz 1 in Verbindung mit den Anlagen 1 und 2 und § 4 Absatz 3 des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) vom 12. Dezember 2019 (Bundesgesetzblatt I Seite 2513) in Verbindung mit Artikel 5 der Verordnung (EU) 2018/842 vom 30. Mai 2018

    • Beschluss:

Das  Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember ist mit den Grundrechten unvereinbar, wenn die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlt.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2022 die Fortschreibung
der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 nach Maßgabe der Gründe zu regeln.

Gliederung des Entscheidungstextes

Randnummern (Rn.) dahinter

fett: herausragende Zitate und tolle Texte nach der Gliederung wiedergegeben
A. Sachbericht 1
I. Rechtliche Grundlagen 2


1. Klimaschutzgesetz 2
a) Gesetzeszweck und Klimaschutzziele 3
b) Rahmencharakter des Gesetzes 6
2. Pariser Ubereinkommen 7
3. Recht der Europäischen Union 11
4. Angegriffene Vorschriften 14


II. Tatsächliche Grundlagen des Klimawandels 16


1. Berichte des IPCC 16
2. Treibhauseffekt und Erderwärmung 18
3. Auswirkungen auf Umwelt und Klima 20
4. Folgen von Erderwärmung und Klimawandel 22
5. Emissionsquellen 29


III. Tatsächliche Grundlagen des Klimaschutzes 31


1. Begrenzung der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre 32
2. Emissionsminderung, negative Emissionen, Anpassung 33
3. Reduktionsmaß und CO2-Budget 35
4. Transformationsaufwand 37


IV. Die Verfassungsbeschwerden 38


1. Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 2656/18 39
a) Vorbringen der Beschwerdeführenden 40
b) Stellungnahmen 47
   aa) Stellungnahme des Deutschen Bundestags 47
   bb) Stellungnahme der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 54
   cc) Stellungnahme der Bundesregierung 55
2. Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 288/20 59
a) Vorbringen der Beschwerdeführenden 60
b) Stellungnahmen 67
   aa) Stellungnahme des Deutschen Bundestags 67
   bb) Stellungnahme der Bundesregierung 69
3. Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 96/20 71
a) Vorbringen der Beschwerdefuhrenden 71
b) Stellungnahmen 75
   aa) Stellungnahme des Deutschen Bundestags 75
   bb) Stellungnahme der Bundesregierung 77
4. Verfassungsbeschwerde im Verfahren 1 BvR 78/20 78
a) Vorbringen der Beschwerdeführenden 79
b) Stellungnahmen 85
   aa) Stellungnahme des Deutschen Bundestags 85
   bb) Stellungnahme der Bundesregierung 89


B. Zulässigkeit 90
I. Beschwerdegegenstand 91


1. Rügen 92
2. Unzulassigkeit der Unterlassensruge nach Gesetzerlass 95

 

II. Beschwerdebefugnis 96


1. Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG 97
a) Möglichkeit der Grundrechtsverletzung 98
b) Gegenwartige, eigene und unmittelbare Betroffenheit 108
2. Art. 20a GG 112
3. „Ökologisches Existenzminimum“ und „Recht auf menschenwürdige Zukunft“ 113
4. Intertemporale Freiheitssicherung 116
a) Möglichkeit der Grundrechtsverletzung 117
   aa) Grundrechtsvorwirkung 117
   bb) Grundrechtsgefahrdende Bestimmungen des Klimaschutzgesetzes 123
   cc) Substantiierung 126
b) Gegenwärtige, eigene und unmittelbare Betroffenheit 129
   aa) Gegenwärtige Betroffenheit 130
   bb) Eigene Betroffenheit 131
   cc) Unmittelbare Betroffenheit 133
5. Grundrecht auf klima- und umweltschonende Lebensweise 135
6. Altruistische Beschwerdebefugnis fur Umweltverbände 136


III. Rechtswegerschopfung 138
IV. Subsidiaritat im weiteren Sinne 139
V. Keine vollständige Determinierung durch Unionsrecht 141
C. Begründetheit 142

I. Schutzpflichten gegenüber in Deutschland lebenden Beschwerdeführenden 143


1. Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG 144
a) Schutzpflicht 144
   aa) Allgemeine Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG 145
   bb) Klimawandelbezogene Schutzpflicht 147
b) Verletzung 151
   aa) Voraussetzungen 152
   bb) Subsumtion 153
     (1) Überhaupt keine oder offensichtlich ungeeignete Schutzvorkehrungen 154
     (2) Völlig unzulangliche Schutzvorkehrungen 157
     (3) Erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleibende Schutzvorkehrungen 158
       (a) „Paris-Ziel“ (§ 1 Satz 3 KSG) 159
       (b) Reduktionsvorgaben (§ 3 Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG) 166
       (c) Konkrete Minderungsmasnahmen 169
2. Schutzpflicht aus Art. 14 Abs. 1 GG 171
a) Schutzpflicht 171
b) Verletzung 172


II. Schutzpflichten gegenuber in Bangladesch und in Nepal lebenden Beschwerdefuhrenden 173


1. Schutzpflicht 174
2. Modifikationsbedurftigkeit einer Schutzpflicht 176
3. Verletzung 180


III. Intertemporale Freiheitssicherung 182


1. Rechtfertigungsbedurftige Grundrechtsvorwirkung 184
a) Grundrechtsvorwirkung 184
b) Rechtfertigungsanforderungen 188
   aa) Vereinbarkeit mit objektivem Verfassungsrecht 189
   bb) Verhaltnismäßigkeit 192
2. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung 195
a) Vereinbarkeit mit Art. 20a GG 196
   aa) Maßgaben des Art. 20a GG 197
     (1) Klimaschutzgebot des Art. 20a GG 198
     (2) Internationale Dimension des Art. 20a GG 199
        (a) Notwendigkeit international ausgerichteten Handelns 200
        (b) Einwand fehlender Kausalität 202
     (3) Justiziabilitat 205
     (4) Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Temperaturmasgabe 208
   bb) Vereinbarkeit von § 3 Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG mit Art. 20a GG 214
     (1) Operationalisierung des Maßstabs 215
        (a) Budgetansatz 216
        (b) Quantifizierung des Restbudgets 219
        (c) Ungewissheiten 220
          (aa) Globales Budget 221
          (bb) Nationales Budget 224
          (cc) Beidseitige Ungewissheit 228
          (dd) Beachtlichkeit trotz Ungewissheit 229
     (2) Subsumtion 230
        (a) Überschreitung des vom Sachverständigenrat ermittelten Restbudgets 231
        (b) Keine Verfassungswidrigkeit der zugelassenen Emissionsmengen 236
   cc) Kein Verfassungsverstos wegen unzulanglicher Umsetzung von § 3 Abs. 1 Satz 2 KSG 238
   dd) Keine weiteren Rationalitätsmaßgaben an die Gesetzgebung aus Art. 20a GG 239
       (1) Sachaufklärungspflicht 240
       (2) Begründungspflicht 241
   ee) Bemühensverpflichtung bezüglich des 1,5 °C-Ziels 242
b) Verhältnismäßigkeit 243
   aa) Notwendigkeit grundrechtsschonender Vorkehrungen 244
     (1) Verpflichtung zur Eindämmung der Freiheitsgefährdung 245
     (2) Notwendigkeit eines entwicklungsfordernden Planungshorizonts 248
     (3) Anforderungen an die Ausgestaltung des Reduktionspfads 251
   bb) Unzureichende Regelung durch § 4 Abs. 6 KSG 256
     (1) Unzureichende Ausgestaltung des Reduktonspfads in § 4 Abs. 6 Satz 1 KSG 257
     (2) Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG 259
        (a) Masstab 260
        (b) Subsumtion 261
          (aa) Wesentlichkeit 262
          (bb) Unzureichende gesetzliche Regelung 263
          (cc) Keine Kompensation durch schlichte Bundestagsbeteiligung 265


D. Ergebnis 266
I. Rechtsfolge 266
II. Kosten 269


E. Abstimmungsergebnis 270

Herausragende Zitate aus dem Entscheidungstext (subjektiv)

Zu Klimaschutzgesetz

Randnummer 4

Das Gesetz: hatte zum Ziel, über verschiedene Sektoren hinweg , die Treibhausgase bis zum Zieljahr 2030 um 55% gegenüber Vergleichsjahr 1990 zu senken. Nicht mit eingerechnet u . a. Luft- und Seefahrt, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft

 

Zu Tatsächliche Grundlagen des Klimawandels, Berichte des IPCC

Randnummer 18, Zitat IPCC

Die derzeit beobachtete, im klimageschichtlichen Vergleich stark beschleunigte Erwärmung der Erde beruht nach nahezu einhelliger wissenschaftlicher Ansicht im Wesentlichen auf der durch anthropogene Emissionen hervorgerufenen Veränderung des Stoffhaushaltes der Atmosphäre; dabei wird der Anstieg der CO2-Konzentration besonders hervorgehoben (IPCC, 5. Sachstandsbericht, Klimaänderung 2013, Naturwissenschaftliche Grundlagen, Zusammenfassung für politische
Entscheidungsträger, 2016, S. 11; UBA, Klima und Treibhauseffekt, 2020, S. 2 f.).  Die atmosphärische CO2-Konzentration ist im Vergleich zur vorindustriellen Zeit um 40 % angestiegen, primar durch die  Emissionen aus fossilen Brennstoffen und sekundar durch Abholzungen und andere Landnutzungsanderungen (IPCC, a.a.O., S. 9).

 

Randnummer 24, Auswirkung auf Deutschland

b) Der Klimawandel hat auch in Deutschland bereits jetzt vielfache Auswirkungen. So hat sich die Jahresmitteltemperatur im Vergleich zur vorindustriellen Zeit bis zum Jahr 2018 um 1,5 °C erhöht (UBA,  a.a.O., S. 7). Es besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit fur das Auftreten extremer Hitzetage. Schon gegenwartig bedroht der Klimawandel durch Hitzeereignisse die menschliche Gesundheit auch in Deutschland (Bundesregierung, Zweiter Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, 2020, S. 11; siehe auch UBA, Vulnerabilitat Deutschlands gegenuber dem Klimawandel, 2015, S. 603). Die Dauer sommerlicher Hitzewellen uber Westeuropa hat sich seit 1880 etwa verdreifacht. Bei unverminderten Treibhausgasemissionen lassen Klimaprojektionen eine deutliche Verschärfung dieser Entwicklungen erwarten. Die Anzahl von Hitzewellen konnte bis zum Ende des 21. Jahrhunderts im ungünstigsten Fall um bis zu funf Ereignisse pro Jahr in Norddeutschland und um bis 

zu 30 Ereignisse pro Jahr in Süddeutschland zunehmen. ...

 

Randnummer 25, Auswirkung Meerresspieglanstieg auf Deutschland

Auch der globale Anstieg des Meeresspiegels wird sich in Deutschland auswirken. In den letzten 100  Jahren ist der Meeresspiegel um etwa 20 cm in der Deutschen Bucht und um etwa 14 cm an der  deutschen Ostseekuste gestiegen (Deutscher Wetterdienst, Nationaler Klimareport, 2017, S. 5). Im Fall ungeminderter Emissionen wird von einem Anstieg des Meeresspiegels von deutlich über einem Meter  bis zum Ende des 21. Jahrhunderts ausgegangen. Dabei ist die Möglichkeit eines Kollabierens der

Eisschilde nicht einbezogen (Deutscher Wetterdienst, a.a.O., S. 29). Langfristige Anderungen im  mittleren Meeresspiegel konnen an Nord- und Ostsee die Eintrittswahrscheinlichkeit besonders hoher Sturmflutwasserstande bedeutend erhohen (Weise/Meinke, in: Brasseur/Jacob/Schuck-Zoller <Hrsg.>, Klimawandel in Deutschland, 2017, S. 78). Damit sind auch die deutschen Kustenregionen einem erhohten Risiko durch Uberschwemmungen ausgesetzt. In Deutschland gelten an der Nordseeküste Gebiete, die bis zu fünf Meter uber dem Meeresspiegel liegen, und an der Ostseeküste Gebiete, die bis  zu drei Meter uber dem Meeresspiegel liegen, als gefahrdet. Das betrifft eine Fläche von rund 13.900  Quadratkilometern mit 3,2 Millionen dort wohnenden Menschen. Durch Sturmfluten bedroht sind vor allem küstennahe Stadte wie Hamburg, Bremen, Kiel, Lubeck, Rostock und Greifswald (UBA,

 Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel, 2019, S. 72).

 

Randnummer 26, Auswirkung Grundwasserneubildnung bereits jetzt

 

Randnummer 27, Trockene Böden nehmen zu

 

Randnummer 28, Klimawandel bedeutende Ursache von Flucht und Migration

 

Randnummer 29, Verantwortung Deutschlands

Anthropogene Treibhausgasemissionen. Deutschland ist historisch betrachtet fur 4,6 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Mit 9,2 Tonnen CO2 waren die Pro-Kopf-CO2-Emissionen in Deutschland im Jahr 2018 knapp doppelt so hoch wie der globale Durchschnitt von 4,97 Tonnen pro Kopf (BMU, Klimaschutz in Zahlen, Ausgabe 2020, S. 12).

Aktuell ist Deutschland bei einem Weltbevölkerungsanteil von ungefahr 1,1 % fur jahrlich knapp 2 % der Treibhausgasemissionen verantwortlich.

 

Randnummer 30, Mitverursacher Beton!!!!

 Der Industriesektor war 2019 der zweitgrößte Verursacher von Treibhausgasemissionen in Deutschland. Treibhausgase entstehen vor allem in den energieintensiven Branchen Stahl, Chemie,Nichteisenmetalle, Zement, Kalk, Glas und Papier sowie bei der industriellen Eigenstromversorgung (Anmerkung: Es fehlt chemische Abscheidung CO2 bei Betonproduktion , Zerstörung Kohlenstoffsenken bei Flächenfraß).

 

zu Die Verfassungsbeschwerden

Randnummer 69, Bundesregierung (bis 9/2021 CDU/CSU/SPD) will sich aus internationaler Verantwortung stehlen. Argumentiert wie gestrige:

bb) Die Bundesregierung hat eine einheitliche Stellungnahme zu den Verfahren 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20 und 1 BvR 288/20 abgegeben. Sie führt aus, das von den Beschwerdeführenden berechnete nationale CO2-Restbudget von 3,465 Gigatonnen
CO2 ab dem Jahr 2020 sei für den deutschen Staat nicht verbindlich. Weder dieses nationale Restbudget noch das diesem als Ausgangspunkt dienende globale Budget  seien einem derzeit geltenden nationalen, europaischen oder internationalen Rechtsrahmen zu entnehmen. Der IPCC habe in seinen Berichten nur ein globales CO2-Restbudget berechnet, ohne dies auf einzelne Staaten herunterzubrechen. Die Abschätzung des Restbudgets seitens des IPCC sei zwar wissenschaftlich fundiert, aber mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, auf die der IPCC selbst hinweise. International sei die Vereinbarung nationaler Budgets aufgrund unterschiedlicher Präferenzen sowie aufgrund von Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen nicht konsensfähig. Daher ermittle die Bundesregierung kein nationales Budget. [...]

 

Randnummer 82 - 84, Gründe der Kläger aus Nepal

In Nepal führten steigende Temperaturen und Dürreperioden vermehrt zu Waldbränden. Dadurch würden die Atemwege belastet und Sachgüter bedroht, im schlimmsten Fall führten die Waldbrände zum Tod. Zudem steige durch die sintflutartigen Regenfälle die Gefahr von Erdrutschen. In der Region drohten zugleich eine Verknappung von Trinkwasser und Dürren und damit einhergehende Lebensmittelknappheit. Im Süden Nepals seien aufgrund besonderer Trockenheit im Wechsel mit Starkregenfällen und Überschwemmungen immer wieder deutliche Ernteeinbußen um bis zu 30 % festzustellen. Aufgrund des Klimawandels vermehrt auftretende Parasiten und Krankheitserreger könnten die Ernteausfälle noch verstärken.
bb) Die Beschwerdeführenden legen dar, inwiefern ihre eigene Gesundheit und ihr Eigentum durch den Klimawandel bereits beeinträchtigt seien und weiterhin betroffen sein würden. Sie geben an, durch Starkregenfälle, Erdrutsche, extreme Hitze, Überflutungen, Zyklone und Waldbrände gefährdet zu sein. Teilweise hätten sie ihr Zuhause und ihre landwirtschaftlichen Betriebe verloren und umsiedeln müssen.
Durch die zunehmende Versalzung des Grundwassers könne nur noch wenig Gemüse angebaut werden und die Trinkwasserversorgung verschlechtere sich. Reis- und Getreideernten verzeichneten aufgrund von Dürreperioden, schweren Hagelstürmen und sintflutartigen Regenfällen starke Einbußen.
cc) Die Beschwerdeführenden sind der Auffassung, aus Art. 1 Abs. 3 GG, der ohne eine räumliche Beschränkung die umfassende Bindung der öffentlichen Gewalt an die Grundrechte statuiere, ergebe sich, dass grundrechtliche Schutzpflichten auch von im Ausland lebenden Beschwerdeführenden geltend gemacht werden könnten. Es bestehe ein hinreichend enger Bezug zum Inland, weil die aus dem (deutschen) Inland stammenden Treibhausgasemissionen mitursächlich für die von den Beschwerdeführenden in ihren Heimatländern erlebten Beeinträchtigungen seien. Die Erstreckung der grundrechtlichen Schutzpflichten auf die im Ausland lebenden Beschwerdeführenden knüpfe auch an völkervertragsrechtliche Verantwortlichkeiten an. Zudem verletze die deutsche öffentliche Gewalt Völkergewohnheitsrecht und damit Art. 25 GG. ...

 

zur Zulässigkeit

Randnummer 112, Artikel 20a GG ist Staatszielbestimmung

 

zu Begründetheit, Schutzpflichten gegenüber in Deutschland lebenden Beschwerdeführenden

Randnummer 144, Grundrecht auf Schutz des Lebens und Gesundheit verpflichtet Staat zum Schutz vor Gefahren des Klimawandels

1. a) Der Staat ist durch das Grundrecht auf den Schutz von Leben und Gesundheit in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zum Schutz vor den Gefahren des Klimawandels verpflichtet. Er muss dem erheblichen Gefahrenpotenzial des Klimawandels durch Maßnahmen begegnen, die in internationaler Einbindung dazu beitragen, die menschengemachte Erwärmung der Erde anzuhalten und den daraus resultierenden Klimawandel zu begrenzen. Ergänzend sind positive Schutzmaßnahmen (sogenannte Anpassungsmaßnahmen) erforderlich, die die Folgen des Klimawandels lindern.

 

Randnummer 161, Begründung Festlegung Ziel max 1,5 Grad
Wegen der Kipppunkte! Das 1,5 °C-Höchstziel ist jedoch vor allem deshalb in das Zentrum der Aufmerksamkeit gelangt, weil
der Sonderbericht des IPCC auch erkennen lässt, dass mit dieser Begrenzung die Wahrscheinlichkeit erkennbar verringert wird, dass sogenannte Kipppunkte überschritten werden.

 

Randnummer 164, Deutschland hofft auf Anpassungsstrategien

zum Hochwasserschutz
... die Inanspruchnahme von Freiflächen fur  Siedlung und Infrastruktur soll reduziert (UBA, a.a.O., S. 229) und auf Rückbau und Entsiegelung sowie Renaturierung und Aufforstung geeigneter Flachen soll hingewirkt werden (Bundesregierung, Deutsche
Anpassungsstrategie an den Klimawandel, 2008, S. 43)

 

zu Intertemporale Freiheitssicherung und internationale Dimension des aus Art 20 aGG folgenden Klimaschutzgebots

Randnummer 198, aus Art 20a GG folgt Klimaschutzgebot mit zunehmendem Gewicht

1) Art. 20a GG verpflichtet den Staat zum Klimaschutz (vgl. BVerfGE 118, 79 <110 f.>; 137, 350 <368 f. Rn. 47, 378 Rn. 73>; 155, 238 <278 Rn. 100>). Zentrale
Leitgröße für den klimatischen Zustand des Erdsystems insgesamt ist die mittlere Temperatur der Erde. Entsprechend zielt das Klimaschutzgebot im Kern auf die Einhaltung einer Temperaturschwelle, bei der die durch Menschen verursachte Erwärmung der Erde angehalten werden soll. Die gegenwärtig zu beobachtende Erderwärmung resultiert aus anthropogenen Treibhausgasemissionen, die in die Erdatmosphäre gelangen. Um die Erderwärmung bei der verfassungsrechtlich maßgeblichen Temperaturschwelle (unten Rn. 208 ff.) anzuhalten, muss eine weitere Anreicherung
der Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre über diese Schwelle hinaus verhindert werden. Denn die Treibhausgaskonzentration und der daraus über die Erderwärmung resultierende Klimawandel sind nach derzeitigem Stand weitgehend unumkehrbar. Geboten sind daher vor allem  Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen (vgl. bereits BVerfGE 118, 79 <110>). Sind die verfassungsrechtlichen Grenzen der weiteren Erderwärmung erreicht, verpflichtet das verfassungsrechtliche Klimaschutzgebot dazu, Treibhausgasemissionen auf ein für die Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre neutrales Maß zu begrenzen (vgl. auch § 1 Satz 3 und § 2 Nr. 9 KSG). Insofern zielt Art. 20a GG auch auf die Herstellung von Klimaneutralität. Art. 20a GG genießt indessen keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen, sondern ist im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen. Das gilt auch für das darin enthaltene Klimaschutzgebot. Wegen der nach heutigem Stand weitestgehenden Unumkehrbarkeit des Klimawandels wäre eine Überschreitung der zum Schutz des Klimas einzuhaltenden
Temperaturschwelle jedoch nur unter engen Voraussetzungen – etwa zum Schutz von Grundrechten – zu rechtfertigen. Zudem nimmt das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu.

 

Randnummer 203, zur Notwendigkeit international ausgerichteten Handelns. Deutschland muss Vorbild sein und darf keine Anreize setzen, Ziele zu unterlaufen. Wenn nicht mal wir wer dann?

Dabei könnte sich der Staat seiner Verantwortung auch nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten entziehen ([...]). Aus der spezifischen Angewiesenheit auf die internationale Staatengemeinschaft folgt vielmehr umgekehrt die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, eigene, möglichst international vereinbarte Maßnahmen zum Klimaschutz tatsächlich zu ergreifen. Gerade weil der Staat das ihm in Art. 20a GG auferlegte Klimaschutzgebot nur in internationalem Zusammenwirken erfolgreich umsetzen kann, darf er für andere Staaten keine Anreize setzen, dieses Zusammenwirken zu unterlaufen. Er soll durch sein eigenes Handeln auch internationales Vertrauen stärken, dass Klimaschutz, insbesondere eine Umsetzung
vertraglich vereinbarter Klimaschutzziele, auch mit Blick auf grundrechtliche Freiheiten zu lebenswerten Bedingungen gelingen kann. Die praktische Lösung des globalen Klimaschutzproblems ist insofern maßgeblich auf das wechselseitige Vertrauen in den Realisierungswillen der anderen angewiesen.

 

Randnummr 204, Vertrauen in die Erfüllungsbereitschft ist der Schlüssel zur Effektivität des internationalen Klimaschutzabkommens von Paris

Das Pariser Übereinkommen hat das wechselseitige Vertrauen in besonderer Weise zur Wirkungsvoraussetzung gemacht. In Art. 2 Abs. 1 lit. a PA haben sich die Vertragsstaaten auf ein Klimaschutzziel (deutlich unter 2 °C und möglichst 1,5 °C) verständigt, ohne sich aber zu konkreten Reduktionsmaßnahmen zu verpflichten. Das Pariser Übereinkommen installiert insoweit einen freiwilligen Mechanismus, nach dem die Vertragsstaaten ihre Maßnahmen zur Erreichung des vertraglichen Temperaturziels selbst festsetzen, aber transparent machen müssen. [...] Die Schaffung und der Erhalt von Vertrauen in die  Erfüllungsbereitschaft der Vertragsstaaten gelten damit als Schlüssel zur Effektivität des internationalen Klimaschutzabkommens. Das Abkommen setzt gerade darauf, dass die einzelnen Staaten ihren eigenen Beitrag leisten. Verfassungsrechtlich ist dies insofern bedeutsam, als der durch Art. 20a GG gewiesene Weg zu global effektivem Klimaschutz derzeit vor allem über dieses Abkommen führt.

 

Randnummer 216 ff, zum verbleibenden CO2 Budget

 

Randnummern 217 + 218, Mit Trial and Error kann kein Klimaschutzziel angesteuert werden.

Zwar hat die Bundesregierung in diesem Verfahren bekundet, nicht mit nationalen CO2-Budgets zu rechnen. Der prinzipiellen Aussagekraft des Budget-Ansatzes hat sie aber nicht widersprochen. Die Bundesregierung stellt fest, dass sich das CO2-Budget mit dem Stand weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse verändern könne. [...]. Dass es, wie die Bundesregierung weiter ausführt, für die multilaterale Zusammenarbeit klarer Treibhausgas-minderungsziele bedarf und diese daher im Mittelpunkt der globalen europäischen und deutschen Klimaschutzpolitik stünden, ist kein durchgreifender Einwand gegen die am globalen Restbudget ansetzende Herangehensweise des IPCC und des Sachverständigenrats. Denn Treibhausgasminderungsziele ersetzen diese Herangehensweise nicht, sondern setzen sie voraus. Emissionsminderungsziele können das auf die Begrenzung der Erderwärmung bezogene Temperaturziel nicht in Klimaschutzmaßgaben übersetzen, wenn diese Minderungsziele nicht ihrerseits an einer der angestrebten Temperaturschwelle entsprechenden Gesamtemissionsmenge ausgerichtet sind[...]


Der Gesetzgeber ist indessen nicht gehindert, Minderungsziele zu formulieren, ohne dabei von Beginn an eine Vorstellung davon zu entwickeln, welche Gesamt-emissionsmenge noch zur Verfügung steht. Er geht dann aber wegen der Unumkehrbarkeit der angestoßenen Prozesse das Risiko ein, dass die Temperaturschwelle überschritten wird. Theoretisch mag die Politik bei der Formulierung ihrer Minderungsziele sogar dauerhaft auf die Vorstellung von einer Gesamtemissionsmenge verzichten und sich bemühen, die gesetzte Temperaturschwelle versuchsweise im Wege von trial and error einzuhalten. So könnte allerdings kein bestimmtes Temperaturniveau angesteuert werden, weil die unumkehrbaren Effekte von CO2-Emissionen auf das Klima Korrekturen des eingeschlagenen Pfades allenfalls begrenzt zulassen. Letztlich bedeutete dies, Klimaschutz ins Blaue hinein zu betreiben. Das ist
aber nicht das Ziel der Bundesregierung. Die Bundesregierung stellt hier vielmehr fest, dass der Budgetansatz zur Plausibilitätskontrolle geeignet sei, um zu überprüfen, ob die Summe der nach dem Pariser Übereinkommen national festzulegenden Beiträge global zur Erreichung der Ziele des Pariser Übereinkommens genüge; [...]. Der Einwand der Bundesregierung betrifft vielmehr die Unsicherheiten hinsichtlich der Größe des globalen Restbudgets und eines nationalen Budgets (unten Rn. 220 ff.).


Randnummer 222: mit67% Wahrscheinlichkeit 1,5 Grad nur noch 420 Gt Restbudget ab 2018 (in einigen Stellungnahmen hier auf zabergaeu2040 ab 2018 enthalten)
Setzt man diese für möglich gehaltenen Abweichungen ins Verhältnis dazu, dass der IPCC für eine 67%ige  Zielerreichungswahrscheinlichkeit hinsichtlich des Ziels, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen, ab dem Jahr 2018 ein globales CO2-Restbudget von 420 Gigatonnen und für ein 2 °C-Ziel ab 2018 ein Restbudget von 1.170 Gigatonnen veranschlagt, sind diese Unsicherheiten erheblich.
Reduktion des Restbudget durch Auftauen Permafrostböden um  100Gt.

 

Randnummer 223 + 228: 67% Ungewissheit lässt Bundesregierung keinen Raum für weitergehende Emissionsmöglichkeiten

Die Bundesregierung hält die Ungwissheiten für zu groß, als dass aus dieser Schätzung etwas gefolgert werden könnte.

(cc) Dass die Berechnung des Sachverständigenrats Unsicherheiten und Wertungen enthält, lässt allerdings nicht etwa darauf schließen, dass tatsächlich eher weitergehende Emissionsmöglichkeiten verblieben. Die Unsicherheiten bei der Bestimmung des globalen Restbudgets und dessen Verteilung
auf die Staaten gehen in beide Richtungen, könnten also auch zu einer zu großzügigen Schätzung geführt haben. Insgesamt ist danach zwar nicht auszuschließen, dass Deutschland tatsächlich ein größeres Restbudget bleiben könnte. Ebenso möglich erscheint jedoch, dass das verbleibende Budget
noch geringer ist.

Randnummer 232, Nationales Restbudget 7 Gt
Die in der Anlage 2 zu § 4 KSG für Jahre und Sektoren angegebenen Emissionsmengen ergeben (bei einer gewissen Unsicherheit wegen der nicht durchgehend festgelegten Emissionsmengen der Energiewirtschaft) in der Summe ungefähr 7 Gigatonnen. Diese Angabe bezieht sich allerdings auf sogenannte CO2-Äquivalente, schliest also neben CO2-Emissionen auch andere Treibhausgase ein (vgl. § 2 Nr. 2 KSG), die aber wegen ihrer abweichenden Eigenschaften, insbesondere ihrer Kurzlebigkeit, in der Berechnung des Restbudgets von IPCC und Sachverstandigenrat nicht berücksichtigt werden. In Deutschland beträgt der Anteil des CO2-Ausstoßes an den Treibhausgasemissionen derzeit ungefahr 88 % (SRU, a.a.O., S. 40). Entsprechend werden in den in Anlage 2 aufgeführten Treibhausgasemissionen von in der Summe ungefähr 7 Gigatonnen CO2- Aquivalenten gut 6 Gigatonnen CO2-Emissionen enthalten sein.

 

Randnummer 234, Nach derzeitigem Pfad zur Klimaneutralität würde das deutsche CO2 Budget überschritten werden

Zur Wahrung der Budgetgrenzen müsste demzufolge nach 2030 alsbald Klimaneutralität realisiert werden. Dass dies gelingen könnte, ist aber nicht wahrscheinlich. Nach dem im Klimaschutzgesetz vorgesehenen Reduktionspfad soll das Emissionsniveau im Jahr 2030 zwar im Vergleich zu 1990 um 55 % gemindert sein (§ 3 Abs. 1 Satz 2 KSG). Das Emissionsniveau ist damit aber noch bei weitem nicht klimaneutral. Realistischerweise wird die Umstellung auf Klimaneutralität dann, von freiheitsrechtlichen Hindernissen abgesehen, allein aus technischen Gründen noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ein Restbudget von 6,7 Gigatonnen CO2-Emissionen würde wohl überschritten.

 

Randnummer 242, Minderungsziele bis 2030 sind ungenügend, sind wohl an 2 Grad orientiert

ee) Indessen bleibt dem Gesetzgeber sein in Konkretisierung von Art. 20a GG bekundetes Bemühen aufgegeben, den Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen (§ 1 Satz 3 KSG). Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die in § 3 Abs. 1 Satz 2 KSG für das Zieljahr 2030 vorgegebene Minderungsquote von 55 % nicht an dem Ziel ausgerichtet war, die Erwärmung der Erde auf deutlich unter 2 °C, möglichst auf 1,5 °C zu begrenzen. Die Genese dieses Werts deutet vielmehr darauf hin, dass die Minderungsvorgabe ursprünglich an einer Temperaturschwelle von 2 °C orientiert war (Rn. 166, Beanstandung der Beschwerdeführenden, Reduktionspfad für deutschen Beitrag 1,5 Grad nicht leistbar ). Dazu passt, dass sich mit der in § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG in Verbindung mit Anlage 2 vorgesehenen Gesamtemissionsmenge das vom Sachverständigenrat auf der Grundlage der
Schätzungen des IPCC für das 1,75 °C-Ziel bestimmte Restbudget nur unter äußersten Schwierigkeiten einhalten ließe, dass aber die Einhaltung eines entsprechend für das 2 °C-Ziel bestimmten Restbudgets möglich erschiene.

 

Rundnummer 244, Das Klimaschutzgesetz gestattet bereits soviel Emissionsmengen bis 2030, dass beim 1,5 Grad Ziel kaum noch  Emissionsmöglichkeiten für die Jahre nach 2030 bleiben. ==> Anforderungen an Reduktionspfad

 aa) Die in § 3 Abs. 1 Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG in Verbindung mit Anlage 2 bis zum Jahr 2030 vorgesehenen Emissionsmengen reduzieren die Emissionsmöglichkeiten erheblich, die entsprechend der das Klimaschutzgebot des Art. 20a GG konkretisierenden Temperaturschwelle von deutlich unter 2 °C, möglichst 1,5 °C, für anschließende Zeiträume verbleiben. Dies ist mit Blick auf die grundrechtsrelevante Vorwirkung nur zu rechtfertigen, wenn zur Gewährleistung eines weiterhin freiheitsschonenden Übergangs in die Klimaneutralität hinreichende Vorkehrungen getroffen werden, um die ab 2031 auf die Beschwerdeführenden zukommende Minderungslast zu lindern und die damit verbundene Grundrechtsgefährdung einzudämmen (1). Erforderlich ist die Schaffung eines entwicklungsfördernden Planungshorizonts (2). Damit sind konkrete Anforderungen an die weitere Ausgestaltung des Reduktionspfads gestellt (3).

 

zu (1) "Vorkehrungen um Minderungslast zu lindern" die Randnummer 246, mit 67%iger Wahrscheinlichkeit verbleiben bei Temperaturschwelle von 1,75 Grad nur noch ein paar Monate für CO2-Emissionen aus dem deutschen Budget

(1)...(a): Nach der verfassungsrechtlichen Maßgabe, die Erderwärmung bei deutlich unter 2 °C und möglichst 1,5 °C anzuhalten, ist die Menge an CO2-Emissionen, die noch im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Klimaschutzgebot in die Erdatmosphäre gelangen dürfen, begrenzt. Ein auf Deutschland entfallender Anteil an den verbleibenden Emissionsmöglichkeiten wird nach § 3 Abs. 1
Satz 2 und § 4 Abs. 1 Satz 3 KSG in Verbindung mit Anlage 2 ungeachtet der genauen Größe des Restbudgets jedenfalls zu einem nicht unerheblichen Teil verbraucht. Nach der Berechnung des Sachverständigenrats bleibt bei Verfolgung einer Temperaturschwelle von 1,75 °C bei 67%iger Zielerreichungswahrscheinlichkeit nach 2030 allenfalls noch ein minimaler Rest an Emissionsmöglichkeiten, der angesichts des für 2031 noch zu erwartenden Emissionsniveaus kaum für ein weiteres Jahr genügte (oben Rn. 231 ff.). Zur strikten Wahrung des durch Art. 20a GG vorgegebenen Emissionsrahmens wären danach Reduktionsanstrengungen aus heutiger Sicht unzumutbaren Ausmaßes erforderlich, zumal die allgemeine Lebensweise auch im Jahr 2031 noch von hoher CO2-Intensität geprägt sein dürfte und die jährliche Emissionsmenge im Vergleich zu 1990 erst um 55 % reduziert sein wird (vgl. § 3 Abs 1 Satz 2 KSG). Auch wenn in Rechnung gestellt wird, dass Art. 20a GG keinen absoluten Vorrang des Klimaschutzes statuiert (oben Rn. 198), der sich im Verhältnis zu gegenläufigen Grundrechten oder anderen elementaren Verfassungsrechtsgütern oder -prinzipien zwangsläufig durchsetzen müsste, würde das verfassungsrechtliche Klimaschutzgebot – verstärkt durch grundrechtliche Schutzpflichten aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG – die Hinnahme erheblicher Freiheitseinschränkungen fordern, die aus heutiger Sicht kaum zumutbar wären.

 

Randnummer 257, Klimaschutzgesetz ist verfassungsrechtlich unzureichend, eine einzige Festlegung in 2025 zu Emissionsmengen nach 2030 reicht nicht. Das gibt der Festlegung einen zu großen zeitlichen Freiraum, den es aber nicht mehr gibt.

1) Die gesetzlichen Maßgaben für die Fortschreibung des Reduktionspfads nach 2030 sind verfassungsrechtlich unzureichend. So kann zwar nicht verlangt werden, dass die absinkenden Emissionsmengen bereits jetzt bis zum Ende, also bis zur Erreichung der für 2050 angestrebten Klimaneutralität, konkret bestimmt werden (oben Rn. 253). Jedoch genügt es nicht, dass § 4 Abs. 6 KSG die Bundesregierung lediglich dazu verpflichtet, „im Jahr 2025“ „für weitere Zeiträume nach dem Jahr 2030“ jährlich absinkende Emissionsmengen durch Rechtsverordnung festzulegen. Das lässt offen, wie weit in die Zukunft diese Festlegung reicht. Nach dem Wortlaut könnten dies nur zwei Einjahreszeiträume sein, die lediglich bis 2032 reichten. Gerade weil der Reduktionspfad im Jahr 2025 kaum endgültig festgelegt werden kann und soll, genügt es nicht, die Bundesregierung lediglich dazu zu verpflichten, einmal – im Jahr 2025 – eine weitere Festlegung zu treffen. Diese wird kaum bis zur Klimaneutralität reichen können. Vielmehr müsste zumindest bestimmt werden, in welchen Zeitabständen weitere Festlegungen transparent zu treffen sind.


 

Pressespiegel

Heilbronner Stimme, 30.4.21

Klimaschutzgesetz in Teilen verfassungswidrig +  Kommentar historisch

Selbst das Wirtschaftslobbyblatt Heilbronner Stimme konnte nicht mehr negieren, wie drängend die Zeit des Handelns ist. Journalist Christoph Donauer hatte die Tragweite des BVG-Urteils vom 29.04. zum in Teilen verfassungswidrigen Klimaschutzgesetz richtig erkannt. In seinem Kommentar schrieb er genau richtig, der Klimaschutz könne nicht mehr mit dem Verweis auf Emissionen andernsorts wegdiskutiert werden. Zum Schutz der Freiheiten künftiger Generationen müssen konkrete Emissionsmengen für ab 2030 festgeschrieben werden. Das CO2-Budget verbrauche sich sonst zu schnell, als dass noch Handlungsspielräumen blieben. Dazu O-Töne, manche scheinheilig.

Heilbronner Stimme, 23.4.21

Globale Erwärmung nun 1,2 Grad + der Planet schwitzte auch 2020

Wie um das Klimaurteil zu unterstreichen kamen eine Woche zuvor, am 23.4. erschreckende Meldung zur Erderhitzung auf. Die Erderhitzung nahm im fünf-Jahresdurchschnitt auf 1,2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau 1850 zu. 2020 war weltweit eines der 3 wärmsten Jahre.

Forscher am KIT für Meteorologie halten das 1,5 Grad Ziel nur noch schwer haltbar. Dabei erwärmen sich die kaltem Klimazonen schneller als der Rest der Welt.

Textbausteine für Einwendungen

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29.4.2021 wo der Artikel 20a GG mit dem Gebot zum Klimaschutz gestärkt wurde besagt, dass die Zeit drängt, derlei Planungen nicht mehr in üblicher Manier durchgehen können (https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/03/rs20210324_1bvr265618.html). Unterstrichen wurde dies mit dem aktuellen Bericht des Weltklimarats der UN vom August diesen Jahres (https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/, https://www.de-ipcc.de/350.php, https://www.zdf.de/nachrichten/heute-journal/heute-journal-vom-09-08-2021-100.html). neu bewertet werden.

 

Der Entscheidungstext des BVG-Urteils besagt, dass das nationale CO2-Budget zum Einhalten des 1,5 Grad-Ziels in den kommenden 10 Jahren ausgeschöpft wird, Grenzen erreicht werden. Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass sich Deutschland trotz des globalen Charakters des Klimawandels und seinem Anteil von „nur“ 2% an den CO2-Emissionen (Externe deutsche Verursacherquellen, z. B. Schiffs- und Flugverkehr, Fabriken in China nicht mit eingerechnet) nicht mit dem Verweis auf andere Länder aus der Verantwortung herausreden kann. Vielmehr darf Deutschland wegen des international erforderlichen Zusammenwirkens zum Klimaschutz für andere Staaten keine Anreize setzen, dieses Zusammenwirken zu unterlaufen. „Die Schaffung und der Erhalt von Vertrauen in die Erfüllungsbereitschaft der Vertragsstaaten gelten damit als Schlüssel zur Effektivität des internationalen Klimaschutzabkommens. Das Abkommen setzt gerade darauf, dass die einzelnen Staaten ihren eigenen Beitrag leisten. Verfassungsrechtlich ist dies insofern bedeutsam, als der durch Art. 20a GG gewiesene Weg zu global effektivem Klimaschutz derzeit vor allem über dieses Abkommen führt“

 

Dies gilt auch heruntergebrochen auf die Kommunen, da auch sie mit „vollziehende Gewalt“ bei der Verpflichtung zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen angesprochen sind.

 

 

 

Das BVG fasst den Gesetzgeber bei seiner verfassungsrechtlich angesagten Konkretisierung des Klimaschutzziels, die Erderwärmung auf möglichst 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.

 

 

 

BVG: „4. Zur Sicherung der Freiheiten über Generationen sind Freiheitschancen verhältnismäßig zu verteilen. Der Schutzauftrag des Art. 20a GG schließt die Notwendigkeit ein, mit den natürlichen Lebensgrundlagen so sorgsam umzugehen und sie der Nachwelt in solchem Zustand zu hinterlassen, dass nachfolgende Generationen diese nicht nur um den Preis radikaler eigener Enthaltsamkeit weiter bewahren könnten.“

 


Der Bau und Betrieb der xyz- Fabrik reicht also längst in Jahre, wo nur noch wenig vom CO2-. Budget bleibt. Um den damit verbundenen unverantwortlichen und verfassungswidrigen Impact auf den Klimawandel mit diesem Monster im Zabergäu nochmals – nach den weggewogenen Einwendungen 2018 bis 2020 – zu verdeutlichen hier die Einflussfaktoren: ....


Das BVG-Urteil zum Artikel 20a GG vom 29.4.2021 setzt einem Anspruch, bis 2035 weitere Flächen mit Gewerbe zu bebauen einen Deckel dadurch, dass bis 2030 bereits das CO2-Budget aufgebraucht sein wird. Das Wettbewerbsdenken hatte seine Zeit im Neoliberalismus ohne denken an das morgen, diese Zeit ist vorbei. X-Stadt als größte Gemeinde im Nachbarschaftsverband muss sich für eine umsichtige Bauleitplanung einsetzen, die diesem fatalen Treiben nicht mehr entgegenkommt.

 

...................

 

 

 

Die Umnutzung des wertvollen Bodens widerspricht auch dem mit dem BVG-Urteil vom 29.4.2021 gestärkten 20a GG zum Schutz der Lebensgrundlagen. Das Urteil verpflichtet zum sorgsamen Umgang mit dem CO2-Restbudget für die Bundesrepublik Deutschland und internationaler Verantwortung für den Klimaschutz. Deutschland darf aus Art 20a GG folgend keine Anreize setzen, das Zusammenwirken der Staaten für das 1,5 Grad Ziel des Pariser Abkommens zu unterlaufen.

 

In Zusammenhang mit den Berichten des IPCC von 2018 heißt es, die Sicherung der Böden vor weiterer Umnutzung für Siedlungs- und Verkehrsflächen und die Agrarwende können zusammen mit weltweit begangenen Pfaden im Bereich der Landnutzung zu einer jährlichen Minderung der CO2-Emissionen von 7,5 Gigatonnen führen.

 

Der Aufbau von Humus ist auch ein Beitrag für den Klimaschutz. Man schätzt dass der Humus der Erde dreimal so viel Kohlenstoff bindet wie aller Bewuchs. Im Ökolandbau enthalten die Böden 3,5 Tonnen mehr Kohlenstoff pro Hektar als nicht ökologisch bewirtschaftete Böden. In Europa binden Böden mit der Bodenbedeckung neben Bäumen und Totholz 67% Kohlenstoff.

 

Die Fütterung der Kühe nach den Kriterien von Bioland mit Futter aus eigenem Anbau wie Leguminosen, Klee und Gras reduziert deren Methanproduktion im Vergleich zu konventionellen Betrieben mit Kraftfutter aus Amerika. Zudem muss hier keine Rodung von Regenwaldflächen angerechnet werden.

 

Siehe Bodenatlas der Heinrich-Böll-Stiftung:

 

==> https://www.boell.de/de/bodenatlas Seiten 12/ 16