Stellungnahme zum Vorentwurf Bebauungsplan

"Gehrn Erweiterung West", frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung

Matthias Böhringer, 9.8.2017

 

 
 
 
 

Gemeinde Pfaffenhofen

 

Bauamt

 

Rodbachstraße 15

 

74397 Pfaffenhofen

 

 

 

 

 

 Einwendungen gegen Bebauungsplan

 

„Gehrn Erweiterung West“

 

 

 

Pfaffenhofen, 09.08.2017

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

 

gegen den Bebauungsplan und örtliche Bauvorschriften „Gehrn Erweiterung West“ habe ich folgende Einwände:

 

 

 

1. „Stabilisierung Plus“ ist nicht der Mittelwert des Votums, Bedarf nur die Folge des Wunsches nach Wachstum

 

Die Begründung verweist auf den Strategieplan Pfaffenhofen 2030. In einer Planungswerkstatt unter Moderation von Büro Reschl konnte ich mich mit anderen Bürgern im November 2015 daran beteiligen. Dabei wurde auch die Frage behandelt, wie sich Pfaffenhofen erweitern soll und welche Bevölkerungszuwächse erwartet werden. Entgegen dem Gemeinderat war das Gebiet westlich Gehrn kein Favorit. Wenn gebaut werden soll, sollten Eigentümer von Baulücken aktiviert werden. Bei der Bevölkerungsentwicklung votierten wir Bürgerinnen und Bürger eher für den Bestandserhalt.

 

 

 

In der Klausurtagung des Gemeinderats im November 2015 zeigte sich das Gremium darüber einig, dass zumindest eine Stabilisierung der Bevölkerung erzielt werden soll; zahlreiche Gemeinderäte sprechen sich auch für eine Wachstumsperspektive aus, die vor allem mit dem Angebotserhalt bei der kommunalen Infrastruktur, dem Einzelhandel und im Dienstleistungsbereich begründet wird, als weiterer Aspekt wird der Erhalt lebendiger Ortskerne genannt.“ (http://www.pfaffenhofen-wuertt.de/resources/ecics_582.pdf)

 

Der Gemeinderat votierte also zwischen Bestandserhalt und Wachstum. Wie kann daraus die Maximalperspektive von 140 Neubürgern im Entwicklungsszenario „Stabilisierung Plus“ abgeleitet werden?

 

 

 

Aus dem Wunsch nach mehr Zuwachs wurde nun für diesen Bebauungsplan der Bedarf nach mehr Wohnraum abgeleitet. Das Votum der „Werkstattmitarbeiter“ floss nicht ein, die Stimmen der Gemeinderäte wurden auf das Szenario „Stabilisierung Plus“ gerundet (140 Einwohner mehr zu 2297). Der Bedarf ist also kein echter Bedarf, sondern die Folge des Wunschs nach Wachstum einer Fraktion, eine selbst erfüllende Prophezeiung.

 

 

 

Bei der Begründung mancher Gemeindräte zum Zuwachs für den Erhalt des Einzelhandels und Strukturen wird wieder mal außer Acht gelassen, dass sich die Bewohner des Zabergäus fließend zwischen den Ortschaften bewegen. Erledigungen werden sowohl im Ort als auch außer Orts getätigt. Gemeindegrenzen gelten nur für Pläne.


2. „Gehrn Erweiterung West“ ist keine Fortsetzung  von „Gehrn“

 

In der Begründung wird das neue Wohnbaugebiet „Gehrn Erweiterung West“ als Fortsetzung vom östlich davon liegenden Baugebiet „Gehrn“ beschrieben. Mit diesem Argument soll der Vorschub des Siedlungskörpers in die Landschaft erleichtert werden. Dem widerspreche ich.

 

 

 

Das neue Baugebiet setzt so wie der Bebauungsplan den Straßenverlauf darstellt eben nicht das Baugebiet der 1980er Jahre fort. Mit den Ringstraßen, dem einen Anschluss an die mittlere Gehrnstraße und umlaufender Bebauung und Begrünung wird dieses Wohngebiet ein weiterer introvertierter Irrgarten sein wird, wie er heutzutage als Patchworkteil vorhandener Bebauung angeheftet wird. Diese langweiligen Wohngebiete haben kaum Durchlässe zu Nachbarwohngebieten, schotten sich gegen Gäste ab, einmal dort ausgesetzt, bleibt man in den Ringstraßen gefangen. Nicht selten erging es mir schon so auf Radtouren wenn ich in Neubaugebiete gerate.

 

 

 

Pfaffenhofen würde mit üblichem Patchwork von der Stange fortgesetzt werden. Nie gibt es für die Straßen in den Erweiterungsgebieten ein Gesamtkonzept zu Straßenverläufen, einem verständlichen Grundriß, eine Planung wird an die nächste geklebt. Gedanken zur lebendigen Weiterentwicklung von Strukturen des Ortskerns in die Neubaugebiete mit Plätzen und Kleinstrukturen (z. B. inhabergeführte Geschäfte) bleiben außen vor.

 

 

 

Das bestehende Gebiet „Gehrn“ kann auch gar nicht fortgesetzt werden, da die westliche Häuserreihe durchgehend ist und hier bereits eine Ringstraße die letzte Schleife bildet.

 

 

 

3. Der Flächenschutz wird unverhältnismäßig zurückgesetzt

 

Das überplante Gebiet ist 2,9 ha groß. Einmal mehr geht Freifläche verloren. Davon im südlichen Teil auch ausgerechnet Wiesen mit Obstbäumen. Die erwähnte „intensiv genutzte Ackerfläche“ ist eine momentane Nutzung. Eine Entwicklung zu Grünland oder ökologisch bewirtschaftete Fläche ist nicht ausgeschlossen. Angesichts des von den Vereinten Nationen und des Umweltbundesamtes angemahnten Schutz des Bodens und der von Landwirtschaftsministern thematisierten Ernährungssicherheit ist jeder Acker wichtig, sei er auch nur „intensiv“ bewirtschaftet.

 

 

 

Die Wichtigkeit des Bodenschutzes wurde nochmals 2015 von den Vereinten Nationen mit dem internationalen „Jahr des Bodens“ betont. Die Böden als in einer Generation nicht erneuerbaren Ressource haben Funktionen für die Ernährung, Natur und Klima.

 

Die heutige Landesregierung wie bereits Günther Oettinger 2006 mit der Forderung nach dem Netto-Null Verbrauch und auch die Bundesregierung mit der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie (30-Hektar Ziel 2030) drängen auf die Senkung des täglichen Flächenverbrauchs.

 

 

 

Die weitere Zersiedlung des Zabergäus muss gestoppt werden. Ein Blick von oben (google-Maps) wie auch von meinem Fenster in der Heuchelbergstraße auf das Planungsgebiet zeigt eine schöne Kulturlandschaft mit einem gebogenen Streifen Obstwiese. Dieser würde nun abgeschnitten. Dürftig ist dann die Maßnahme „zusätzliche Pflanzgebote unterstützen die streifenförmige Struktur der überbaubaren Grundstücksfläche. Die Zerstörung einer zusammenhängenden Freifläche im Offenland wird nicht gewertet.

 

 

 

Die Lage erfordert die Ziehung absoluter Grenzen um die Ortschaften. Im Landkreis Heilbronn ist zwischen den Jahren 2000 und 2015 der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche um 2,1% auf 17,5% gestiegen. Dies widerspricht völlig dem angesagten sparsamen Umgang mit Grund und Boden im Baugesetzbuch. Im Baurecht wurde im Laufe der Jahre nach dem Erdgipfel von Rio 1992 für Umwelt und Entwicklung die Nachhaltigkeit integriert und der Flächenschutz als abzuwägender öffentlicher Belang positioniert. Der Flächenschutz darf nicht immer mir nichts, dir nichts weggewogen werden.

 

 

 

Bloß weil die Verfasser der Begründung und die Gemeinde Pfaffenhofen (Bürgermeister und Gemeinderäte) eine ungenügende Bedarfsdeckung für den Hausbau mit der innerörtlichen Nachverdichtung sehen, kann damit keine neue Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Flächen begründet werden. §1a Abs 2 BauGB bekräftigt seit der 2004 erweiterten Fassung, dass Äcker und Wälder nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden dürfen und die Umwandlung begründet sein muss. Die Intention des  Gesetzgebers ist also, dass neue Flächeninanspruchnahmen eine Ausnahme sein sollen. Vorrang haben Maßnahmen zur Innenentwicklung wie die Wiedernutzbarmachung von Flächen und Nachverdichtung. Wenn wie hier gesagt werde, dass Potential zur Innenentwicklung sei ausgeschöpft, man „müsse“ neues Bauland erschließen, steht dem entgegen, dass bei gerechter Abwägung auch der Fall enthalten sein muss, dass eine auf Außenentwicklung beruhende Planung deshalb sogar aufgegeben werden muss, weil sonst der Flächenschutz durch den angestrebten Flächenverbrauch in unverhältnismäßiger Weise zurückgesetzt würde. Das ist hier der Fall. Es gibt keinen Anspruch auf Platz für Hausbau, es gibt nicht den Bedarf dass Pfaffenhofen wachsen müsse.

 

 

 

4. Die Umnutzung zu Wohngebiet missachtet die biologische Entfaltung und ökologische Krise

 

Fährt man das Benzbachtal rauf Richtung Kirschenhof, sieht man was möglich ist. Hier weiden Rinder auf Wiesen zwischen Obstbäumen. Früher waren die Ortschaften von Streuobstwiesen umsäumt, die ortsnahe Allmende war für die Bewohner zugänglich. Für die Rinderhaltung ist das der beste und traditionelle Ort. Die Kühe finden Schatten, düngen und fördern die Wiesen und halten das Pflanzenwachstum in Zaum. Das mag eine Vision sein, das Potential zur Förderung der Biodiversität muss aber gehalten werden.

 

 

 

Die Umnutzung zu Wohngebiet erhöht den Druck auf die verbleibenden Freiflächen zur intensiven Bewirtschaftung. Zwischen Dorf und Acker fehlt dann der Puffer der Streuobstwiese. Der Biotopverbund wird geschwächt.

 

 

 

In einer Zeit wo über Insektensterben und Vogelschwund berichtet wird, ist es anachronistisch ein Brutgebiet z. B. der Goldammer umzubrechen. Laut der artenschutzrechtlichen Prüfung suchen auch viele Vögel aus dem Umkreis im Planungsgebiet Nahrung.

 

 

 

Die geplanten Neupflanzungen ersetzen nicht die gewachsenen Strukturen des Altbestands (28 artenschutzrelevante Bäume). In den Unterlagen wird die Störung sogar zugegeben „Während der Bauphase können durch die Rodung von Obstbäumen und durch die Eingriffe in diese Vegetationsstrukturen, durch den Baubetrieb (Menschen und Maschinen), die Umgestaltung des Geländes sowie durch Baustelleneinrichtung und -verkehr, vor allem durch Lärm und Erschütterungen, Beeinträchtigungen verursacht werden, die sich durch Lebensraumverlust, Störungen und Verdrängungseffekte negativ auf seine Bewohner auswirken.

 

Auch anlage- und betriebsbedingt können Störungen durch regelmäßige oder wiederkehrende Nutzungen eintreten, etwa durch die Bewohner des neuen Wohngebiets, sportliche Betätigung, Erholungsnutzung, Hunde, Katzen u..a“


Fazit

 

Aus den genannten Punkten folgt, dass die Bebauungsplanung „Gehrn Erweiterung West“ zurückzunehmen ist. Die Äcker und Wiesen dürfen nicht umgenutzt werden. Vielmehr bedarf es Gespräche zur ökologischen Weiterentwicklung des Gebiets. Pfaffenhofen kann damit ein Vorbild für andere Kommunen im Zabergäu für ein charakteristisches Dorf mit Streuobstgürtel sein.

 

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

 

 

 

 

 

 

Matthias Böhringer